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Dörfleser bei TV Total - Bogenschütze mit Pufpaff auf der Jagd   

Neue Presse vom 11.06.2024
Autor: Michael Döhler


Jürgen Matschl aus Dörfles-Esbach schafft es in 17 Jahren vom Neuling zum Weltmeister. Beim Werben für seinen Sport lässt er sich einiges einfallen.

Sie scheuen weder Wind noch Wetter, streifen gerne durch Gebüsch und Wälder, „erlegen“ hier mal einen Bären und dort mal ein Wildschwein, werden ab und an auch für leicht verrückt erklärt – und sind am Ende doch nur ganz einfach: leidenschaftliche Sportler. Die Bogenschützen aus der Region machen seit Jahren mit Topleistungen national wie auch international auf sich aufmerksam und versuchen emsig Werbung für ihre Sache zu betreiben. Wie man es innerhalb von 17 Jahren mit Ehrgeiz, Talent und Trainingsfleiß zum Deutschen Meister und Weltmeister in der Altersklasse bringen kann, hat Jürgen Matschl bewiesen. Und wenn der 58-jährige Dörfles-Esbacher zur Waffe respektive zum Sportgerät greift und mit gepflegtem grauen Vollbart und breitem Grinsen von der Leidenschaft für Pfeil und Bogen schwärmt, entspricht er durchaus dem Bild von der legendären englischen Sagenfigur Robin Hood, wie man sich jene vorstellen kann.

VHS-Kurs zum Geburtstag

Das Bestreben, den außergewöhnlichen Schießkünsten jenes angeblich „edlen Räubers“ aus dem Sherwood Forest möglichst nahe zu kommen, ist sicherlich der Hauptantrieb für den mehrfachen Titelgewinner sowohl mit dem Feld- als auch mit dem Blankbogen und seine Sportkollegen. „Ich habe im Jahr 2005 zum Geburtstag einen Kurs in Ahorn mit Henry Bodnik im Bogenschießen bei der Volkshochschule geschenkt bekommen. Ich hatte sofort großen Spaß an der Sache und habe durchaus Talent gezeigt“, erinnert sich Matschl. In früheren Jahren hatte der 1,86 Meter große gebürtige Bamberger bis zum 20. Lebensjahr Basketball in seiner Heimstadt beim VfL Jahn gespielt und bis zum Ende seines Studiums auch bereits kleine Pfeile geworfen. „Ich bin mit dem Dartclub Unicorn in der Bayernliga, der höchsten Klasse im Land, angetreten. Bis der Beruf wichtiger wurde.“

In jenem war er dann als SAP-IT-Berater und selbstständiger Einzelunternehmer so erfolgreich, dass er ein sorgenfreies Leben führen und sich sein zumindest auf internationaler Ebene nicht billiges Hobby gut leisten konnte. „Wir Bogenschützen sind reine Amateure und bekommen keine Gelder und bei Europa- und Weltmeisterschaften fällt schon auf, dass die Mehrzahl der Teilnehmer eher aus Ländern mit höheren Durchschnittseinkommen stammt.“ Wie er selbst und seine 57-jährige Ehefrau Dagmar, kombinieren viele der anderen deutschen Starter die Top-Events mit Urlaub.

Aus der Weltmeisterschaft im 3D-Schießen, also auf dreidimensionale Tiernachbildungen, im vergangenen Jahr in Finnland, sind für die beiden insgesamt dreieinhalb Wochen Rundreise durch Skandinavien geworden. „Sie arbeitet als Landschaftsarchitektin, hat mit Bogenschießen nichts am Hut, kommt jedoch gerne zur mentalen Unterstützung mit“, lacht Jürgen Matschl. Am sechsten Platz im Einzel und Mannschaftsbronze für ihren Liebsten hat sie demnach entsprechenden Anteil.

An seine ersten Starts bei Meisterschaften kann sich der Dörfles-Esbacher noch gut erinnern. „Ich hatte 2008 im Schwarzwald einen Kurs für Fortgeschrittene absolviert, bin dann 2010 mit dem Holz-Recurvebogen bei der deutschen und der Europameisterschaft in Stuhlfelden angetreten. Mein Ziel damals war, unter den rund 260 Teilnehmern in meiner Altersklasse unter die besten 50 Prozent zu kommen, was ich mit Rang 101 auch geschafft habe.“ 2019 folgte der Wechsel auf den präziseren Blankbogen, „damit haben sich nach und nach die größeren Erfolge eingestellt“.

Mit Blick auf intensives Training hatten die Corona-Jahre 2020 und 2021 zumindest in dieser Hinsicht auch ihr Gutes. Matschl hatte Zeit, um ausgiebig zu üben. Anschließend war er bereit für seinen ersten DM-Titel, den er 2021 im niedersächsischen Hohegeiß in der Klasse Junge Senioren (Ü55 bis 65) im 3D-Bogenschießen, auch als Bowhunter-Schießen bezeichnet, holte und in den beiden darauffolgenden Jahren verteidigte.

Parallel dazu wurde Jürgen Matschl 2022 mit dem Feldbogen Deutscher Meister und in Estland Weltmeister. Seine Sammlung von Medaillen, Titeln und weiteren guten Platzierungen bei Top-Events ist inzwischen stattlich. Beispielsweise kamen 2023 bei den Bowhuntern der Sieg bei der Europameisterschaft in Fulda, bei der WM in Finnland Platz sechs im Einzel und Teambronze sowie mit dem Feldbogen EM-Bronze und Mannschaftsgold in Ungarn dazu.

Sebastian Pufpaff „ein klasse Typ“

Anlass genug für den Comedian Sebastian Pufpaff, sich in seiner Fernsehsendung TV Total vom Routinier witzig und höchst unterhaltsam in die Welt des Bogenschießens mitnehmen zu lassen. „Anfang des Jahres kam von seiner Produktionsfirma Brainpool Entertainment die Anfrage an mich. Sie versuchen, für ihn immer wieder spezielle Sportarten zu finden, die er ausprobieren soll. Wir haben in Treuchtlingen gedreht, wo mein Freund Tom Obel einen privaten Parcours in einem Steinbruch hat. Aus sechs Stunden Filmmaterial ist am Ende ein Beitrag von siebeneinhalb Minuten Länge geworden.“

Mit dem Ergebnis ist Jürgen Matschl sehr zufrieden: „Es ist, wie ich meine, eine gute Mischung aus Unterhaltung und Information geworden und nicht zu Klamauk-lastig. Dass Sebastian Pufpaff sich als begabter Schütze erwiesen hat und Tom und ich beide nicht auf den Mund gefallen sind, hat die Sache natürlich leichter gemacht. Puffi ist ein klasse Typ und an den Szenen ist nichts gefaked.“

Vierter DM-Titel in Folge?

In diesem Jahr will der Deutsche Meister „nur“ seine beiden nationalen Titel verteidigen, mit dem Feldbogen im August in Fulda und bei den Bowhuntern im Oktober im rheinland-pfälzischen Dienstweiler, da wäre es der vierte Triumph in Folge. International macht er – wegen der hohen Dosis an Wettbewerben 2023 – in diesem Jahr „ganz bewusst eine Pause“, reist weder zur 3D-Europameisterschaft nach Österreich noch zur Feldbogen-WM nach Brasilien.

Bleibt also etwas mehr Zeit für Schießsport auch in seiner privaten Indoor-Bogensporthalle „The Barebow Factory“, für die er seit zwei Jahren einen großen Raum auf dem jetzigen Kulturfabrik-Gelände in Cortendorf angemietet hat, umgeben von zahlreichen Künstler-Ateliers und mit freundschaftlichem Neben- und Miteinander von Sport und Kultur. Und mit Fensterblick auf das Gelände, auf dem diesmal das Huk-Sommer-Open-Air über die Bühne geht. Die optimalen Trainingsmöglichkeiten auf vier Bahnen nutzen dort nicht nur seine Sportkollegen von den Dornig-Schützen Bad Staffelstein, Bowhunter Ahorn und der SG Neuensorg mit Tages-, Zehner- oder Jahreskarten. Er unterrichtet auch Nachwuchstalente, denen er großes Potenzial attestiert und gelegentlich sind auch neue Besucher zu Gast, die einfach nur einmal hineinschnuppern wollen. Im Herbst soll ein Kurs mit einem Mentaltrainer das Angebot erweitern und der Landkreis habe angefragt, ob im Rahmen einer Gesundheitsaktion angehende Medizinerinnen und Medizinier sich einmal ein Bild vom Bogenschießen machen können.

Wertvolle Tipps auf Lager

Für Neulinge hat Jürgen Matschl jede Menge wertvoller Tipps parat und auch Leihbögen stehen zur Verfügung. Wer sich selbst ein solches Sportgerät zulegen möchte, mache mit einem Anfängerbogen für rund 250 Euro nichts falsch. Es muss ja nicht gleich ein Hightech-Gerät sein wie seine beiden Turnier-Blankbögen, von denen einer rund 2000 Euro kostet, oder die beiden präziseren und schnelleren Compound-Bögen, für die man zwischen 1500 und 3000 Euro hinblättern muss.

Mit großem Enthusiasmus versteht es Jürgen Matschl, seine Zuhörer zu begeistern und die Lust auf einen besonderen Sport zu wecken. Auf freundliche Art – ohne den Bogen zu überspannen.